Europas Rechenzentrumsmarkt im Aufbruch: Colocation boomt dank Cloud, KI und Nachhaltigkeit
Der globale Markt für Colocation-Rechenzentren steht vor einem massiven Wachstumsschub – und Europa zählt zu den zentralen Wachstumstreibern. Laut einer aktuellen Analyse von DC Market Insights wird das weltweite Marktvolumen bis 2035 auf rund 332 Milliarden US-Dollar steigen. Im Jahr 2020 lag es noch bei etwa 31,9 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von über 16 Prozent.
Die Nachfrage wird vor allem durch den rasanten Ausbau von Cloud-Diensten, Künstlicher Intelligenz (KI), dem Internet of Things (IoT) sowie 5G-Netzen befeuert. Unternehmen weltweit lagern ihre IT-Infrastruktur zunehmend an spezialisierte Anbieter aus, um Investitionskosten zu senken und Zugang zu hochsicheren, vernetzten Umgebungen zu erhalten.
Europa als Stabilitätsanker im globalen Colocation-Boom
Während Nordamerika beim Gesamtvolumen weiterhin führt, gilt Europa als besonders dynamischer und stabiler Markt. Gründe sind die strengen Datenschutzregeln der EU (Datenschutz-Grundverordnung, GDPR), die politische Unterstützung für nachhaltige Energieversorgung und eine wachsende Zahl von Unternehmen, die ihre IT-Infrastruktur modernisieren wollen.
Die etablierten FLAP-Märkte (Frankfurt, London, Amsterdam, Paris) bilden weiterhin das Rückgrat der europäischen Colocation-Landschaft. Zugleich entstehen neue regionale Hubs in Madrid, Warschau, Stockholm und Dublin, die vom Cloud-Ausbau, regionaler Datenverarbeitung und energieeffizienten Neubauten profitieren.
Laut Branchenanalysen, darunter Daten von CBRE und Arizton Advisors, zeichnet sich ab, dass Europa 2025 eine Rekord-Kapazität im Rechenzentrumsbau erreichen wird. Besonders Frankfurt entwickelt sich zu einem der wichtigsten europäischen Standorte für Cloud- und Hyperscale-Anbieter.
Nachhaltigkeit als Standortvorteil
Ein wesentlicher Faktor für Europas Wettbewerbsfähigkeit ist die Energiewende im Rechenzentrumssektor. Betreiber investieren in erneuerbare Stromquellen, Flüssigkühlung und Energie-Rückgewinnungssysteme, um den hohen Energiebedarf von KI- und HPC-(High Performance Computing)-Workloads zu decken.
In vielen Ländern fließen staatliche Förderprogramme in die Modernisierung der Infrastruktur, etwa durch Steuererleichterungen für energieeffiziente Neubauten oder durch Vorgaben zur CO₂-Transparenz. Diese Entwicklung verschafft Europa einen Vorsprung gegenüber Märkten wie den USA oder Asien, wo Nachhaltigkeitsauflagen oft weniger konsequent umgesetzt werden.
Neue Rechenzentren in Deutschland
In Deutschland laufen derzeit mehrere große Rechenzentrums-Projekte. In der Region um Frankfurt etwa plant der Betreiber Colt Data Centre Services vier neue Einrichtungen – zwei in Frankfurt mit insgesamt ca. 63 MW IT-Kapazität auf einer Fläche von rund 7,3 Hektar, und zwei in Berlin mit etwa 54 MW auf 3,8 Hektar. Ein weiteres Projekt: Bei VIRTUS Data Centres entsteht in Wustermark (Brandenburg, nahe Berlin) ein Megacampus mit ca. 300 MW IT-Leistung in Planung. Auch der europäische Anbieter AtlasEdge hat im Juli 2025 in Stuttgart (Struttgart, Baden-Württemberg) einen neuen Standort eröffnet („STR001“) mit rund 20 MW Leistung und 10 000 m² Fläche – die erste Bauphase eines größeren Campus
Strategische Bedeutung für Unternehmen
Das Colocation-Modell verschiebt die Kapitalstruktur der IT-Infrastruktur grundlegend. Unternehmen können auf variable Betriebskosten (OpEx) statt hoher Investitionskosten (CapEx) setzen. Das ermöglicht flexible Skalierung, kürzere Innovationszyklen und leichtere Integration von Cloud- und Edge-Diensten.
Besonders Telekommunikationsanbieter, Finanzdienstleister und Industrieunternehmen nutzen Colocation-Rechenzentren, um hybride IT-Modelle zu etablieren. Diese verbinden private Cloud-Umgebungen mit öffentlichen Cloud-Anbietern und lokalen Edge-Knoten für geringe Latenzzeiten.
Ausblick: Edge Computing und neue Märkte
Mit dem Ausbau von 5G-Netzen steigt die Bedeutung von Edge-Colocation-Standorten. Diese kleineren Rechenzentren werden näher an den Endnutzern betrieben, um datenintensive Anwendungen in Echtzeit zu ermöglichen – etwa im autonomen Verkehr oder in der industriellen Fertigung.
Gleichzeitig eröffnet die Integration osteuropäischer Märkte sowie der Aufbau neuer Knotenpunkte in Südeuropa und Skandinavien zusätzliche Wachstumsperspektiven. Laut DC Market Insights bleibt Europa aufgrund seiner regulatorischen Stabilität und Energieeffizienz ein attraktives Ziel für Investoren.
Europa profitiert im globalen Colocation-Wettbewerb von klaren Regularien, nachhaltiger Energiepolitik und einer starken Cloud-Nachfrage. Trotz wachsender Energiekosten und Flächenknappheit bleiben europäische Standorte für internationale Anbieter attraktiv. Das Zusammenspiel aus Datenschutz, Energieeffizienz und Digitalisierung macht den Kontinent zu einem Schlüsselmarkt für das Rechenzentrum der Zukunft.
Zusammenfassung (tl;dr)
- Globaler Colocation-Markt wächst bis 2035 auf rund 332 Mrd. US-Dollar (CAGR 16 %).
- Europa profitiert von Datenschutz, Nachhaltigkeit und Cloud-Adoption.
- FLAP-Märkte bleiben zentral, neue Hubs entstehen in Süd- und Osteuropa.
- Nachhaltige Technologien und Energieeffizienz sichern Standortvorteile.
- Edge-Computing wird zum nächsten Wachstumstreiber der europäischen Colocation-Infrastruktur.















