Cellforce: Ende eines Prestigeprojekts – Porsche stoppt Batteriezellproduktion

Auf der Webseite von Cellforce heißt es noch „Willkommen in der Mobilität der Zukunft“. Doch nur rund vier Jahre nach Gründung ist schon wieder Schluss: Am 25. August 2025 gab Porsche offiziell bekannt: Die geplante eigene Batteriezellfertigung der Tochter Cellforce Group GmbH wird eingestellt. Stattdessen wird sich die Einheit künftig ausschließlich auf Forschung und Entwicklung (F&E) konzentrieren. Rund 200 der fast 300 Stellen bei Cellforce fallen weg – ein harter Einschnitt für das 2021 gestartete Projekt.
Porsche-Chef Oliver Blume und Entwicklungschef Michael Steiner begründen den Schritt mit „zu geringen Produktionsmengen“ und fehlender Wirtschaftlichkeit – es fehle an Skaleneffekten, die eine eigenständige Zellfertigung rechtfertigen würden. Zudem erschwerten nachlassende Förderprogramme in den USA, sinkende Preise in China und eine verlangsamte Nachfrage nach Elektrofahrzeugen die Perspektiven.
Ursprung und Ambitionen: Glanzstart 2021
Im Sommer 2021 hatte Porsche groß verkündet, mit Cellforce eine eigene Hochleistungs-Batteriezellproduktion aufzubauen – als Leuchtturmprojekt für deutsche Batterieforschung. Mit Unterstützung von Bund, Land und EU sollten damit leistungsfähige Zellen insbesondere für E-Sportwagen entwickelt werden.
Cellforce entstand als Joint Venture zwischen Porsche und dem Fraunhofer-Spin-off Customcells mit Standort bei Tübingen/Kirchentellinsfurt. Die anfängliche Idee: eine Anlauffabrik mit circa 1 GWh Kapazität pro Jahr, später dann ein zweiter, größerer Produktionsstandort. R&D-Chef Michael Steiner betonte damals die Notwendigkeit, leistungsfähigere Zellen zu entwickeln – etwa mit hoher Ladeleistung statt maximaler Reichweite – ideal für Sportwagen. Die Strategie sollte Porsche Unabhängigkeit von asiatischen Anbietern sichern.
Warum der Strategiewechsel?
- Marktentwicklung enttäuscht
Die Nachfrage nach Elektro-Luxusfahrzeugen wächst langsamer als erwartet. In den USA stocken Förderprogramme, in China dominieren günstige heimische Anbieter den Markt. Porsche sieht die Rahmenbedingungen als grundlegend verändert. - Fehlende Skaleneffekte
Während Zellen technologisch entwickelbar waren, ließ sich die Produktion wirtschaftlich nicht hochskalieren. Pilotanlagen blieben weit unter den notwendigen Stückzahlen, um kosteneffizient zu sein. - Investorensuche ohne Erfolg
Zwar suchte Porsche nach Partnern – etwa Northvolt oder PowerCo – doch ohne konkretes Ergebnis. Northvolt ging später sogar in die Insolvenz. - Hohe Abschreibungen
Bisher wurden bereits rund 295 Millionen Euro für Produktionsanlagen abgeschrieben – ein deutliches Indiz für ökonomischen Druck. Allein im ersten Quartal meldete Porsche Sonderaufwendungen von rund 800 Mio. € für Batterieprojekte.
Strategische Neuausrichtung
Porsche kehrt zur Technologie-Fokussierung zurück: Die Entwicklung innovativer Zellen bleibt wichtig, aber ohne Fertigung. Gleichzeitig wird wieder stärker in Verbrennungstechnologie investiert – etwa beim Cayenne und Panamera.
So geht es mit Cellforce weiter
Cellforce wird zur R&D-Einheit umgewidmet. Forschung und Systementwicklung bleiben erhalten, während Produktion entfällt. Ein Teil der Beschäftigten könnte zu PowerCo wechseln; Know-how soll auch Projekten wie V4Smart (Beteiligung an Varta) zugutekommen.
Die Unternehmensführung betont einen „sozial verträglichen“ Personalabbau – doch Gewerkschaften kritisieren den Zeitpunkt mitten in der Ferienzeit und fordern Lösungen für den Standort.
Bilanz
Vier Jahre nach der ambitionierten Gründung von Cellforce als Strahlprojekt für deutsche Hochleistungs-Batteriezellen steht nun der Schlusspunkt: Kein Serienwerk, keine autonome Zellfertigung – vielmehr ein Rückzug auf Forschung. Die Gründe sind vielschichtig: Marktbedingungen, fehlende Skalierung, wirtschaftliche Belastungen, gescheiterte Partnersuche – all das hat das Modell unhaltbar gemacht.
Aus dem einstigen Hoffnungsträger ist eine technologische Insellösung geworden – die Kompetenz mag bleiben, aber ohne Fertigungskapazität. Für Porsche bedeutet dies einen Strategiewechsel: Elektromobilität bleibt Teil des Geschäfts, aber ohne die Illusion der vollständigen Wertschöpfung im eigenen Haus.
Unterm Strich ein Lehrstück der Automobilwirtschaft: Technologie ist nur dann Zukunft, wenn sie auch wirtschaftlich funktioniert. Cellforce bleibt – aber klein, fokussiert und ohne Fabrikkulisse. China ist in Sachen Produktion eben doch attraktiver.