Nokia eröffnet Smart-Factory-Campus für „Europe-made“ 5G/6G im KI-Zeitalter

Der finnische Netzwerkausrüster Nokia hat in seiner Heimatstadt Oulu einen neuen Campus eröffnet, der sich ganz der Entwicklung, Fertigung und Erprobung von 5G- und künftigen 6G-Netzwerken widmet. Mit einer Fläche von 55.000 Quadratmetern will das Unternehmen damit nicht weniger als „das weltweit fortschrittlichste Zentrum für Mobilfunktechnologie“ schaffen – und die europäische Position im globalen Wettbewerb um die nächste Generation von Kommunikationsinfrastrukturen stärken.
Die Anlage, die Nokia selbst als „Home of Radio“ bezeichnet, vereint Forschung und Entwicklung, Design, Produktion sowie Test- und Validierungsumgebungen unter einem Dach. Rund 3.000 Mitarbeitende sollen dort in den kommenden Jahren beschäftigt sein. Schon heute ist Oulu ein wichtiger Standort für die Telekommunikationsbranche; mit der neuen Investition will Nokia diese Rolle weiter ausbauen und die Stadt zu einem globalen Testfeld für widerstandsfähige und sichere Netze machen.
Europas Antwort auf den 6G-Wettlauf
Der Zeitpunkt ist kein Zufall. Während die weltweite Industrie gerade erst beginnt, die Potenziale von 5G im industriellen Maßstab zu erschließen, laufen in den Laboren längst die Vorbereitungen für 6G. Der neue Nokia-Campus ist dabei von zentraler Bedeutung: Hier sollen nicht nur Patente entwickelt und internationale Standards geprägt, sondern auch System-on-Chip-Lösungen sowie Hardware- und Softwarekomponenten für künftige Funkzugangsnetze (RAN) entstehen.
Mit dem „Oulu Factory“ genannten Produktionswerk innerhalb des Campus wird Nokia zudem Radio- und Basisbandprodukte für zivile wie auch militärische Anwendungen herstellen. Damit verschränkt das Unternehmen Grundlagenforschung, Produktentwicklung und industrielle Fertigung enger als jemals zuvor.
Offene Kooperation als Erfolgsmodell
Ein weiterer Schwerpunkt ist die enge Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft, Industrie und Start-up-Szene. Universitäten, Forschungseinrichtungen und junge Unternehmen sollen auf dem Campus gemeinsam mit Nokia an neuen Technologien arbeiten. Auch die NATO-Initiative DIANA (Defence Innovation Accelerator for the North Atlantic) richtet dort ein Testzentrum ein.
Dieses offene Ökosystem soll Innovation beschleunigen: Von der ersten Simulation über die Prototypenentwicklung bis hin zur Serienfertigung können Prozesse im Zusammenspiel von realer und virtueller Umgebung orchestriert werden. Dafür sorgen integrierte Systeme auf Basis von 5G, Internet of Things (IoT) und Künstlicher Intelligenz (KI), die sämtliche Abläufe in Design, Bau und Test steuern.
Nachhaltigkeit im Fokus
Neben technologischen Superlativen betont Nokia auch die ökologischen Aspekte der neuen Anlage. Der Campus wird ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben, überschüssige Wärme fließt in das Fernwärmenetz der Stadt Oulu und versorgt dort rund 20.000 Haushalte. Das Unternehmen spricht von einem der weltweit größten CO₂-basierten Heiz- und Kühlsysteme.
Auch bei der Abfallwirtschaft setzt man Maßstäbe: Nokia gibt an, 100 Prozent der Abfälle wiederzuverwenden und 99 Prozent der CO₂-Emissionen zu vermeiden. Damit soll der Standort nahezu emissionsfrei arbeiten – ein wichtiger Beitrag zum Ziel der EU, digitale Infrastruktur klimaneutral zu gestalten.
Politisches Signal
Die Eröffnung des Campus wurde von höchster politischer Ebene begleitet: Finnlands Präsident Alexander Stubb betonte bei der Zeremonie die strategische Bedeutung der Investition. „Dieses Projekt zeigt, dass sich Investitionen in Finnland lohnen. Netzwerkinfrastruktur ist der Schlüssel: Wer an 5G und 6G arbeitet, schafft das neuronale Netz für alles, was wir mit KI, Robotik oder IoT tun“, sagte Stubb.
Auch Nokia-CEO Justin Hotard unterstrich die Rolle Oulus als Innovationsmotor: „Unsere Teams hier gestalten die Zukunft von 5G und 6G. Das Ökosystem aus Forschung, Fertigung und Partnern ist einzigartig. Dieser Campus wird entscheidend sein, um die Konnektivität für den anstehenden KI-Superzyklus voranzutreiben.“
Bedeutung für Europa und die Industrie 4.0
Mit dem Campus setzt Nokia ein klares Signal: Die nächste Generation der Mobilfunknetze soll nicht allein in Asien oder Nordamerika entstehen, sondern auch in Europa. Vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen und wachsender Abhängigkeiten in der Technologieindustrie ist das ein wichtiges Statement.
Darüber hinaus bietet der Standort eine Blaupause für die Industrie 4.0: Durch den Einsatz von IoT, KI und hochvernetzten Produktionssystemen demonstriert Nokia, wie Fabriken der Zukunft aussehen können – und wie sich digitale Souveränität und Nachhaltigkeit miteinander verbinden lassen.
Die Investition könnte somit weit über den Telekommunikationssektor hinaus Wirkung entfalten. Für Start-ups, Forschungseinrichtungen und Unternehmen eröffnet sich ein neuer Ankerpunkt in Nordeuropa, der Innovation, Sicherheit und Nachhaltigkeit gleichermaßen vereint.
Quelle: RCR Wireless News, 08. September 2025
tl;dr
- Nokia eröffnet in Oulu (Finnland) einen 55.000 m² großen Campus für 5G- und 6G-Technologien.
- Forschung, Entwicklung, Fertigung und Tests sind an einem Standort gebündelt, rund 3.000 Mitarbeitende sollen dort tätig sein.
- Offenes Ökosystem: Universitäten, Start-ups und sogar NATO-Initiativen arbeiten mit Nokia zusammen.
- Nachhaltigkeit im Fokus: 100 % Abfallverwertung, 99 % CO₂-Vermeidung, Fernwärme für 20.000 Haushalte.
- Politische Bedeutung: Präsident Stubb und Nokia-CEO Hotard sehen das Projekt als Schlüssel für Europas Rolle im KI- und 6G-Zeitalter.