Cloudflare Ausfall: Der Tag an dem das Internet still stand – mal wieder
Erst Amazon Web Services (AWS), nun Cloudflare. Keine vier Wochen ist es her, als ein AWS-Ausfall weite Teile des Internets lahmlegte, und nun ist wieder ein zentraler Anbieter betroffen: Cloudflare, dessen Dienste eine Vielzahl von Webanwendungen und Plattformen absichern und beschleunigen, hat am 18. November große Teile des Netzes mitgerissen. Webseiten wie ChatGPT, PayPal oder IKEA waren zeitweise unerreichbar. Damit wird innerhalb kurzer Zeit erneut deutlich, dass die fortschreitende Zentralisierung des Internets zunehmend seine Stabilität gefährdet. Dabei war es ursprünglich ganz anders geplant.
Cloudflare wurde 2009 gegründet und hat sich seither zu einem zentralen Bestandteil der Internetinfrastruktur entwickelt. Das Unternehmen bietet unter anderem Dienste wie Content Delivery Network (CDN), DDoS-Schutz, verteilte DNS-Auflösung und Reverse-Proxy-Lösungen an. Laut aktuellen Angaben verwendet etwa ein Fünftel aller Websites die Dienste von Cloudflare. Beim Ausfall am 18. November 2025 meldete das Unternehmen, dass eine „Spike in unusual traffic“, so berichtet der Guardian, die Fehler ausgelöst habe. Viele Dienste wiesen „Error 500“ oder Verbindungsprobleme auf.
Die Bedeutung von Cloudflare liegt also darin, dass viele Inhalte und Dienste nicht mehr „nur“ bei ihren ursprünglichen Hosting-Anbietern liegen, sondern über einen gemeinsamen Dienstleister geleitet werden. Wird dieser Dienstleister gestört, sind zahlreiche Dienste betroffen, gleichzeitig.
Wie das Internet einmal gedacht war
Das frühe Internet war als ein dezentralisiertes Netzwerk konzipiert – im Kern resilient gegenüber Ausfällen, Angriffen oder gar einem Atomschlag. Es war angelegt als „Netzwerk der Netzwerke“, bei dem viele Knoten, so genannte Nodes, miteinander verbunden sind und kein einziger zentraler Punkt das gesamte System steuert. Wird ein Teil des Netzes zerstört, springt das Routing um, Datenflüsse finden neue Wege, das Netz bleibt intakt.
Heute hingegen stammen Protokolle wie BGP oder DNS noch aus den 1980er/1990er Jahren, sind aber zunehmend überlastet, unsicher und wenig auf die heutige Skalierung bzw. Angriffslandschaft ausgelegt. So war dieser Cloudflare Ausfall auch nicht der Erste. Immer mehr Dienste werden zentral in großen Clouds oder über Dienstleister abgewickelt. Dadurch steigt die Abhängigkeit von wenigen Anbietern und damit die Verwundbarkeit. Ausfälle wie beim Dienstleister Fastly, der 2021 etwa 10 % des Webverkehrs abwickelte, waren schon früh Warnzeichen der zunehmenden Zentralisierung. Was einst als hochverteiltes, robustes Netz konzipiert war, hat sich zu einem Netz entwickelt, in dem zentrale Dienste eine Art „Nervenzentrum“ darstellen und dessen Ausfall einen Domino-Effekt erzeugt.

Ein einziger Fehler, massive Auswirkungen
Weil Cloudflare so viele Dienste bedient, führte ähnlich wie bei AWS am 20. Oktober 2025 ein technisches Problem dort zu globalen Störungen von ChatGPT über X (ehemals Twitter) bis zu zahlreichen News-Webseiten. Wenn immer mehr Dienste (Hosting, Sicherheit, CDN, DNS) bei denselben Plattformen gebündelt sind, entsteht ein Single Point of Failure genau das hatte einst die dezentrale Architektur verhindern sollen. Vor der Fragilität durch Cloudflare & Co. warnte auch eine ResearchGate Studie im Januar 2025. Mit der Zentralisierung werden Infrastrukturen zu strategischen Zielen – Hackangriffe, Konfigurationsfehler oder politische Eingriffe können großflächige Folgen haben.
Es ist nicht so, dass das Internet „versagt“ hätte. Vielmehr zeigt sich, dass es sich anders entwickelt hat als ursprünglich gedacht. Der heutige Ausfall bei Cloudflare ist ein Symptom: Ein Dienstleister trifft, viele Dienste fallen. Schon vor Jahren wurde davor gewarnt, dass die Konzentration von Infrastruktur gefährlich sei. Betreiber von Webdiensten müssen sich fragen: Bin ich zu sehr von einem einzigen Infrastruktur-Anbieter abhängig? Staaten und Regulatoren müssen überlegen: Wie sichern wir kritische Internetinfrastruktur? Gibt es alternative Pfade? Nutzer erkennen: Ein Ausfall bei einem Infrastruktur-Dienst kann direkte Auswirkungen auf unser digitales Leben haben, von Shopping bis Kommunikation. Wie resilient ist unser heutiges Internet noch?
Der Ausfall bei Cloudflare zeigt eindrücklich: Die Zentralisierung ist in vielen Fällen bequem – aber nicht unbedingt sicher. Das ursprüngliche Internet versprach hohe Resilienz durch Verteilung. Heute hingegen liefert ein einziger Dienstleister die Infrastruktur für große Teile des Webs. Das macht moderne Netzwerke anfälliger, technisch wie auch politisch und wirtschaftlich.
Im Falle Cloudflare sind Organisationen aufgerufen, ihre Infrastruktur unmittelbar zu überprüfen und dort, wo möglich, zu diversifizieren:
- Multi-CDN-Strategien einführen
- Fallback-DNS-Provider parallel betreiben
- Content-Serving und Caching diversifizieren, um nicht durch einen einzigen CDN- oder DNS-Ausfall blockiert zu werden
- Zero-trust-basierte Sicherheitskonzepte verwenden, statt sich auf einen einzigen Sicherheitsprovider zu verlassen
Ziel ist es, mögliche Ausfälle abzufedern und kritische Dienste jederzeit handlungsfähig zu halten. Die aktuellen Ereignisse sollten deshalb als Mahnung verstanden werden: Wer auf Robustheit setzt, sollte die Architektur hinterfragen.
Mal wieder.
Zusammenfassung (tl;dr)
- Der aktuelle Ausfall von Cloudflare betrifft zahlreiche Dienste und verdeutlicht zentrale Risiken bei Infrastruktur-Anbietern.
- Das Internet war ursprünglich als dezentralisiertes, robustes Netzwerk gedacht – heute ist es stark zentralisiert.
- Zentralisierung bringt Effizienz, aber auch Verwundbarkeit: ein Fehler – große Auswirkungen.
- Regulierung, Diversifizierung und dezentrale Technologien werden wichtiger.
- Alle Betreiber sollten ihre Abhängigkeiten kritisch prüfen.













